Aus Anlass des heutigen internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen hier einige Auszüge aus dem Bericht des Katholischen Fürsorgevereins für Mädchen, Frauen und Kinder in Herbesthal für das Jahr 1913 in der Nähe des damaligen Grenzbahnhofs von Herbesthal.
Im Jahr 1913 konnte der Verein insgesamt 158 hilfsbedürftige Mädchen und Frauen helfen, darunter zahlreiche Frauen, die Opfer waren von Gewalt. Diese stammten selten aus der Gegend. Fast alle kamen – oft polizeilich ausgewiesen – aus Belgien oder Frankreich oder waren auf der Reise aus Deutschland ins Ausland.
Der Verein leistete Verpflegung, gab Übernachtungsmöglichkeiten gewährte Fahrkarten für die Einreise nach Deutschland oder Belgien oder begleitete die Personen nach Hause. Die Ortsgruppe Herbesthal bestand damals aus 11 freiwilligen Mitarbeiterinnen.
Um zu zeigen „welche Fülle von Elend wir zu Gesicht bekommen haben“ gab es im Jahresbericht u.a. folgende Beispiele:
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Ein 26jähriges Mädchen aus Schottland war mit ihrem „Bräutigam“ von Köln nach Belgien gereist. Dieser nahm ihr die Barschaft fort und prügelte seine „Geliebte“ dermaßen, dass sie in ein Hospital gebracht werden musste. Nach ihrer Wiederherstellung wurde sie als „lästige Ausländerin“ über die Grenze geschoben. Sie hatte große Angst, ihr „Bräutigam“ könne ihr irgendwo auflauern. Wir verschafften ihr ein sicheres Unterkommen bei einem auswärtigen Fürsorgeverein, der sie später zu ihren Eltern bringen wollte.
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Eine 25jährige Frau aus Elsaß-Lothringen, die von ihrem Manne Schläge erhalten hatte und deshalb in die weite Welt gegangen war, wurde in Belgien verhaftet und nach Deutschland polizeilich abgeschoben. Sie wollte jetzt wieder zu ihrem Manne zurück, und wir gaben ihr die Reisemittel.
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Eine 37jährige Frau aus Böhmen war mit ihrem Manne nach Belgien gereist, wurde aber dort von ihm verlassen. Durch ein deutsches Konsulat wurde sie mit einer Fahrkarte nach Herbesthal versehen. Wir gaben ihr eine Fahrkarte nach einer deutschen Stadt, wo sie Arbeit zu finden hoffte, um für sich und ihr Kind den Lebensunterhalt zu erwerben.
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Eine 90jährige (!) Frau aus Westfalen, seit 23 Jahren Witwe, wohnte bei ihrem Pflegesohn in der Nähe von Löwen. Die Kinder des Pflegesohnes setzten die Greisin vor die Türe. Wir verschafften der armen Frau Unterkunft in einem Heime.
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Eine 43jährige Frau aus dem Reg.-Bez. Düsseldorf wollte ihren Mann, der ein Trinker und Verschwender war, dadurch kurieren, dass sie ihn und die Kinder verließ und auf Reisen ging. Für ihre pädagogischen Absichten fand sie aber bei der belgischen Polizei nicht das geringste Verständnis. Sie wurde nach Deutschland abgeschoben und wir beförderten sie nach Hause, damit sie den Erfolg ihrer Erziehungskunst feststellen könnte.
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Eine 76jährige Frau, die in Lüttich bei ihrer Tochter wohnte, wurde von dieser mißhandelt. Sie entschloss sich zur Rückreise nach Deutschland. Wir brachten sie in ein benachbartes Heim. ... Sehen Sie mehr